Range Wars


Über den Wilden Westen und seine Gesetzlosigkeit wurde viel geschrieben. Besonders die Cowboys wurden neben den Revolvermännern immer wieder als schießwütig hingestellt. Verständlicherweise gab es im westlichen Grenzgebiet nur wenige ordentliche Gerichte. Hinzu kam, dass die Gesetze für den Wilden Westen aus dem Osten der Vereinigten Staaten stammten und auf die im Westen herrschenden besonderen Verhältnissen in keinster Weise angepasst waren. Natürlich wurde in den Cattle-Towns, den Viehstädten und den anderen durcdh die beef-bonanza entstandenen Städten im Verhältnis mehr geschossen, als anderswo. Doch war dies historisch gesehen wohl kaum bedeutsam. Wie auch schon in der Rubrik "Gunfighter" erwähnt, haben auch die berühmten Sheriffs, Marshals und Outlaws so oft und so schnell den Revolver gezogen und Menschen erschossen, wie es in Romanen und vor allem Filmen immer wieder dargestellt wird. Viel bedeutsamer und interessanter in dieser Beziehung waren die sogenannten "Range-Wars", die Weidekriege, an denen manchmal Hunderte von Cowboys und allerlei andere zwielichte Gestalten teilnahmen. Über diese Weidekriege wird im folgenden ein wenig berichtet.

 

Lincoln County War

Zu den berühmtesten Weidekriegen zählt ohne Zweifel der Lincoln County War von 1876 in New Mexico, in dessen Verlauf mehr als ein Dutzend Menschen getötet wurden.

Es ging um Weiderechte, geschäftliche Interessen und politische Kontrolle, hier ganz besonders in der Stadt Lincoln, New Mexico. L.G. Murphy besaß eine Ranch, ein großes Warenhaus, ein Hotel und einen Saloon in der Stadt. Zu seinen Partnern gehörte unter anderem Sheriff William Brady.

Lawrence G. Murphy

Sheriff William Brady

 

 

Zur Gegenpartei gehörten John Chisum, Besitzer einer großen Ranch am Pecos River, der Engländer John Tunstall und der Rechtsanwalt Alexander McSween, der auch ein Warenhaus betrieb..

John Chisum

 

John Tunstall

 

Alexander McSween

Diese drei versuchten, der anderen Partei in jeder Hinsicht und mit allen Mitteln Konkurrenz zu machen. Folglich suchten alle - gesetzlich oder ungesetzlich - nach Wegen, um die andere Partei auszuschalten. Sheriff Brady z.B. beschlagnahmte Waren aus McSween's Warenhaus, weil er rechtliche Ansprüche gegen diesen durchsetzen wollte. Anschließend ritten er und seine Leute zur Tunstall-Ranch, um Vieh und Pferde dort wegzuholen. Auf dem Weg zur Ranch begegneten sie Tunstall und schossen ihn wahrscheinlich bei diesem Zusammentreffen kaltblütig nieder, was der Engländer nicht überlebte. Dies war der Anlass für einen monatelangen Krieg, welcher sogar für den Wilden Westen einzigartig war und auch zur Legende um Billy the Kid führte. Dieser hatte Tunstall nämlich verehrt, weil der ihm auf seiner Ranch Arbeit gegeben hatte und ihn als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft anerkannte und respektierte. So gehörte auch er zu dem Aufgebot, das die Mörder von John Tunstall verhaften wollte. Unterwegs wurde zwei Männer der Gegenpartei aufgegriffen und ohne Zögern ermordet. Der Gouverneur von New Mexico bestimmte schließlich, dass nicht der Friedensrichter, sondern Sheriff Brady und ein Richter für die Durchführung der Gesetze verantwortlich wären, doch Brady und sein Deputy fielen kurz darauf Kugeln zum Opfer. Zu den Killern gehörte wohl auch Billy the Kid. Als McSween am 14.07.1879 mit seinen Leuten in Lincoln einrückte und sich mit 14 Mann, unter ihnen Billy the Kid,  in seinem Haus verschanzte, nahm die Schießerei in der Stadt kein Ende mehr. Schließlich griff nach dreitägigem Kampf sogar das Militär ein und unterstützte den neuen Sheriff. Während der vom Militär geforderten Verhandlung wurde  McSweens Haus in Brand gesetzt und die daraus flüchtenden Männer fast alle erschossen. Billy the Kid konnte allerdings mit vier weiteren Männern lebend entkommen. McSween wurde trotz hoch erhobener Hände erschossen. Damit hatte der Lincoln County War sein Ende gefunden.

 

Johnson County War

Der Johnson County War aus dem Jahre 1892 gehört ebenfalls zu den berühmten Fehden im Wilden Westen und war zugleich einer der letzten Range-Wars.

In Wyoming herrschten große Rancher, die nach dem amerikanischen Bürgerkrieg ihre Herden aus dem Süden geholt hatten. Nach 1880 wanderten wie überall kleinere Farmer ein, die nach dem Homestead-Gesetz Land in Besitz nahmen. Die Rancher sahen auf diese, ihrer Meinung nach, lästigen  Störenfriede herab, während die Farmer ihrerseits auf die Viehbarone nicht gut zu sprechen waren. So konnte es nicht ausbleiben, dass aus diesen Gefühlen heraus tödliche Feindschaft entstand. Ella Watson und Jim Averill sollten den Haß der Viehbarone besonders zu spüren bekommen. Jim Averill als Partner von ella Watson, die einen Saloon unterhielt, beschimpfte in Briefen an Zeitungen die großen Rancher. Da Ella Watson auch noch eine kleine Ranch besaß, wurden sie und ihr Partner des Viehdiebstahls bezichtigt. Obwohl man die beiden warnte, glaubten sie den Drohungen nicht und im Juli 1889 holten die Rancher beide ab und knüpften sie kurzerhand auf.  Gunfighter begannen dann die Weiden und das Vieh der Rancher zu bewachen und Viehdiebe, wie die Outlaw-Gang "The Wild Bunch", schürten den gegenseitigen Hass noch mehr. Die Rancher versuchten alles, um die Farmer davon abzuhalten, ihr Land mit Stacheldraht einzuzäunen. Schließlich holten die Viehbarone zum Gegenschlag aus und beabsichtigten ein Exempel zu statuieren, da der Widerstand der Homesteaders zunahm und die Zeitungen auch noch für die Rechte der Farmer Partei ergriffen. Die grossen Ranchers ließen aus Texas 25 Revolvermänner mit der Bahn kommen, damit diese zusammen mit den Wyoming Regulators die Farmer mit Gewalt und Mord vertreiben konnten. Ihr Kommen war aber beobachtet worden, so dass ihre Aktion scheitern musste, da die Farmer jetzt genügend gewarnt waren. Am 05.04.1892 griffen die Regulators die Hütte von Nate Champion an, der als erster ermordet werden sollte. Nach stundenlangem Kampf fiel er mit seinem Partner den Kugeln der Regulators zum Opfer. Dieser Kampf blieb aber nicht unbemerkt und als die Revolvermänner vor Buffalo, ihrem eigentlichen Ziel, ankamen, erfuhren sie, dass eine größere bewaffnete Menge im Anmarsch war, um sie zu bekämpfen. Sie verloren den Mut und zogen sich auf die befreundete TA-Ranch zurück, auf der sie dann von ihren Gegnern drei Tage lang belagert wurden. Schließlich befreite die US-Kavallerie sie aus ihrer misslichen Lage und nahm sie in Gewahrsam.

Die Wyoming-Regulators auf der TA-Ranch

Ihre Haft war jedoch eine Farce und eine Verhandlung gegen die Viehbarone, welche sie ja beauftragt hatten, fand niemals statt, da sie viel zu einflussreich waren. Der Johnson County War fand danach sein Ende, ohne dass eine der beiden Parteien den Sieg errungen hatte. Er löste sich quasi in nichts auf.

Die mächtigen und einflussreichen Rancher konnten letztendlich nicht verhindern, dass sich die Siedler weiter ausbreiteten und ihre Ländereien mit Stacheldraht schützten. Nach weiteren langen Streitereien kamen auch die Rancher zu dem Entschluss, den Stacheldraht für ihre Zwecke zu benutzen und zäunten die öffentlichen Weideflächen ein. Den Homesteadern verwehrte man somit den Zutritt.

 

Dies führte zum berühmten, sogenannten Fence Cutter War in Texas, als die Homestead-Siedler die Zäune der Rancher durchschnitten und sich deren Land nahmen. Am Ende aber blieb der Stacheldraht Sieger, denn alle sahen den großen Vorteil ein, der beiden Parteien durch die Einzäunung ihrer Besitzungen geboten wurde.

 

Mit dem Ende der Range Wars hatte auch die Glanzzeit der Cowboys ihren Höhepunkt überschritten, denn durch die Einzäunung gab es für die Viehherden keine Durchkommen mehr. Die Viehbarone wurden sesshaft und durch die Eisenbahnen, welche beinahe jeden Ort in der Prairie miteinander verbanden, wurden die großen Viehtriebe überflüssig. Städte wurden aus dem Boden gestampft, so dass für den Cowboy kaum noch Platz in der Gesellschaft war. Auch die rasant wachsende industrielle Entwicklung , welcher er sich wohl oder übel anpassen musste, überrollte ihn. Einige Cowboys versuchten sich als Fleischer, Mietskutscher oder Saloon-Inhaber, wenn sie als Cowboy keinen Job auf einer Ranch mehr fanden. Doch es war schwer für sie, sich eine neue Existenz aufzubauen, so dass einige in ihrer Verzweiflung Outlaws wurden. Sie konnten sich einfach nicht mit der neuen Gesellschaftsform abfinden. Letztlich blieb ihnen aber keine andere Wahl, als sich den geänderten Verhältnissen anzupassen oder aber unterzugehen.

Die Bevölkerungszahl in den Staaten Texas, Nebraska und Kansas nahm außerdem bald so rapide zu, dass der Cowboy schnell in der Minderheit war. Seine beherrschende Rolle, die er ehemals spielte, hatte er damit vollends verloren, nicht aber den Mythos, der ihn noch heute umschwebt.

Quellen: Der wilde Westen von G. Schomaekers